Kapitel 7

Ende Juli, Anfang August

Nathalie und ihr Mann verbringen vierzehn Tage auf der größten deutschen Insel, auf Rügen⁴⁸. Freunde haben von der Insel geschwärmt⁴⁹, besonders von dem Badeort Binz⁵⁰, s Einer der Lieblingsmaler von Nathalie ist Caspar David Friedrich⁵¹. Schon immer wollte sie in der Natur eines seiner bekanntesten Gemälde, den 119 m hohen Kreide­felsen⁵², das markanteste Wahrzeichen der Insel, sehen. Giuseppe und Nathalie unternehmen lange Spaziergänge, in fahren Fahrrad. Sie halten sich so lange wie möglich in der sauberen frischen Luft auf, machen Bootsfahrten, pick nicken mittags am Strand, lesen, sprechen miteinander. Die Abende verbringen sie in gemütlichen Lokalen, essen Fischspezialitäten der Region, machen Pläne für die kommenden Tage. Über Arbeit, über das Theater wird nicht gespro­chen. Nathalie ist froh darüber. Die Zeit vergeht wie im Flug⁵³.

Nathalie ist glücklich. Sie fühlt sich ihrem Mann wieder näher. Es ist wie zum Beginn ihrer Beziehung. Nathalie blickt optimistisch in die Zukunft.

Ende August beginnen wieder die Proben für „Carmen". Der Alltag bestimmt von neuem das private und berufliche Leben von Giuseppe und Nathalie. Alles nimmt seinen normalen Gang. Nathalie wünscht sich zurück nach Rügen. Ein Traum.

4. September

Nathalie fühlt sich wieder allein. Sie möchte mit ihrer besten Freundin sprechen, die in Göttingen⁵⁴ wohnt. Sie verabredet sich mit ihr für den späten Nachmittag. Nathalie sucht den Autoschlüssel, der nicht an seinem gewohnten Platz liegt. Sicherlich hat ihr Mann ihn aus Versehen mitge­nommen. Sie ruft ihren Mann an, ohne Erfolg. Mit der Straßenbahn fährt Nathalie zum Theater.

Können Sie mir sagen, wo ich meinen Mann finden kann?", fragt sie den Pförtner⁵⁵.

„Augenblick bitte. Ich versuche, ihn über das Haustelefon zu erreichen." Nathalie wartet.

„Tut mir leid. Er ist vielleicht in seiner Garderobe. Sie kennen sich ja hier gut aus."

„In Ordnung. Dann will ich mein Glück versuchen."

Es ist nicht das erste Mal, dass Nathalie ihren Mann im Theater besucht.

Als sie sich der Garderobe ihres Mannes nähert, hört sie Geräusche, die aus dem Zimmer kommen. Merkwürdig. Sie bleibt vor der Tür, die halb offen ist, stehen. Nathalie traut⁵⁶ ihren Augen nicht. Ihre schlimmsten Befürchtun­gen⁵⁷ werden bestätigt. Ihr Mann ist nicht allein. Klara Fall umarmt ihn. Nathalie stößt einen Schrei der Enttäuschung, der Verzweiflung aus. Sie hat nur noch einen Gedanken: weg von hier. Sie rennt den langen Gang zurück. Sie hat Tränen der Wut in den Augen. Giuseppe läuft seiner Frau hinterher. Klara Fall ist ratlos⁵⁸ in der Garderobe zurückgeblieben.

Auf der Treppe holt er Nathalie ein. Er versucht sie festzuhalten. Nathalie stößt ihren Mann zurück. Dabei verliert sie das Gleichgewicht. Ungläubig sieht sie ihren Mann an. Im Bruchteil⁵⁹ einer Sekunde gehen ihr tausend Gedanken durch den Kopf. Nathalie stürzt die Treppe hinunter und bleibt leblos liegen.

48 http://ruegen.de/index.html

49 begeistert erzählen

50 http://www.binz.de

51 http://de.wikipediaorg/wiki/Caspar_David_Friedrich

52 weiße Steilküste

53 sehr schnell

54 Göttingen, Universitätsstadt im Bundesland Niedersachsen, 130000 Einwohner http://goettingen.de

55 bewacht den Eingang eines großen Gebäudes

56 nicht glauben, was man sieht

57 Angst

58 nicht wissen, was man tun soll

59 ein sehr kurzer Moment

Дата добавления: 2014-12-24