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Die junggrammatische Schule (Hermann Paul, Otto Behagel)




Der weitere Ausbau der wissenschaftlichen deutschen Grammatik ist mit der junggrammatischen Schule verbunden. Diese Forschungsrichtung bringt eine ganze Reihe hervorragender Sprachforscher sowohl auf dem Gebiete der historischen Sprachvergleichung der indoeuropäischen Sprachen als auch auf dem Gebiet der germanischen und deutschen Sprachgeschichte, der deutschen Grammatik, Fonetik und Etymologie hervor. Die Tätigkeil der Junggrammatiker beginnt in den 70er- Jahren des 19 Jhs. und reicht bis weil in das 20. Jh. hinein. In den 70er- Jahren beginnt zum Beispiel die Forschungstätigkeit Hermann Pauls (1880 erscheinen seine „Prinzipien der Sprachgeschichte", 1897 das „Deutsche Wörterbuch"), doch seine klassisch gewordene fünfbändige „Deutsche Grammatik" erscheint erst 1916—1920. Auch Otto Behaghels Forschungstätigkeit beginnt in den 80er- Jahren, doch stammt sein Hauptwerk, die vierbündige „Deutsche Syntax", aus den Jahren 1923—1932.

Die Junggrammatiker verharren bei der geschichtlichen Methode ihrer Vorgänger, so dass die deutsche Grammatik sich auch weiterhin als eine historische Grammatik entwickelt. Doch ändert sich grundsätzlich die Betrachtungsweise der Sprache. Die spekulativen Ideen des Romantismus, die Verherrlichung des Altertums, das Interesse für sprachphilosophische Probleme weichen seit der 2. Hälfte des 19. Jhs. unter dem Einfluss des rasch um sich greifenden naturwissenschaftlichen Positivismus einer eng positivislischcn Betrachtungsweise der Sprache. Die Junggrammatiker konzentrieren sich auf die empirische Beschreibung greifbarer Einzelerscheinungen der Sprache und verfolgen jede solche Erscheinung in ihrem Werden und ihrer Entwicklung. Ihre starke Seite wird das methodische Verfahren. Sie erstreben eine besondere Exaktheit der Sprachbeschreibung, eine lückenlose Tatsachensammlung, die Aufstellung ausnahmsloser Gesetze der Sprachcntwicklung. Während die romantische Verherrlichung des Altertums dem Glauben an den Fortschritt in der Sprachcntwicklung weicht, verstärkt sich das Interesse für die neueren Sprachen in ihrem gegenwärtigen Zustand. Infolge der Ausdehnung des naturwissenschaftlichen Positivismus auf die Sprachbetrachtung sehen die Junggrammatiker das soziale Wesen der Sprache nicht. Die Entwicklung der Sprache ist für sie das Ergebnis der individuellen Sprechtätigkeit der Menschen, der psychischen und physischen Vorgänge im Einzelakt des Sprechens. Daher der Psychologismus der Junggrammatiker, das Zurückfuhren sprachlicher Entwicklung auf seelische Vorgänge in der Psyche eines Einzelindividuums (er macht sich besonders beim Ausbau der Syntax kenntlich, siehe unten.) und ein besonderes Interesse für die physiologische Seite der Sprache — das Lautsystem und den Lautwandel. Die Fonetik führt im Zeitalter der Junggrammatiker und ist der Hauptbestandteil aller Grammatiken altgermanischer Sprachen.

Das Gesagte bestimmt Inhalt und Darstellungsweise der oben genannten deutschen Grammatiken. So beginnt Pauls „Deutsche Grammatik" mit einer historischen Übersicht über die Stellung der germanischen Sprachen innerhalb des Indogermanischen, über die Gliederung der germanischen Sprachen und die Entwicklung des Neuhochdeutschen sowie mit der historischen Lautlehre (Inhalt des l. Bandes). Darauf folgt eine entwicklungsgeschichtliche Darstellung der deutschen Formenlehre, angefangen vom Althochdeutschen und fortgeführt bis zur Literatursprache des 18/19. Jhs, durch eine erschöpfende Stoffsammlung belegt (2. Band). Wie in den meisten deutschen Grammatiken wird die Behandlung der grammatischen Kategorien der Wortarten (die Lehre von den Kasus, Tempora, Genera und Modi) der Syntax überlassen. Doch enthalt im Gegensatz zu Grimms „Deutscher Grammatik" auch eine ausführliche und originelle Satzlehre. Die Darstellung der Bedeutung und des Gebrauchs der grammatischen Kategorien der Wortarten (die sog. „Bedeutungslehre") und die eigentliche Satzlehre machen den Inhalt des 3. und 4. Bandes aus. Im 5. Band folgt die historische Wortbildungslehre. Die Einbeziehung der historischen Lautlehre und Wortbildungslehre bzw. Stammbildungslehre in die Grammatik kennzeichnet alle Grammatiken dieser Forschungsrichtung.

Auch die gcsonderte Behandlung der Formen- und der Bedeutungslehre, die Einbeziehung der Bedeutungslehre in die Syntax ist allgemein. So behandeln die ersten zwei Bände der „Deutschen Syntax" Behaghels die Entstehung und den Gebrauch des Artikels, den Gebrauch von Numeri und Kasus, die grammatischen Kategorien des Verbs u. a., während der 3. Band der Satzlehre, d. h. der eigentlichen Syntax gewidmet ist.

Hauptkennzeichen dieser Grammatiken sind eine sehr genaue empirische Beschreibung jedes sprachlichen Phänomens, die erschöpfende Fülle von Beispielen, die entwicklungsgeschichtliche Darstellung jedes einzelnen Phänomens angefangen vom Althochdeutschen, meist auch unter Heranziehen anderer allgermanischer Sprachen, hauptsächlich des Gotischen.

Es fehlt aber den Junggrammatikern infolge ihrer positivistischcn Sprachbeirachtung das Verständnis und das Interesse für die Zusammenhänge zwischen den Einzelphänomenen der Sprache und für deren Wechselwirkung im Prozess der Sprachentwicklung. Trotz aller Exaktheit der Darstellung ist die Erforschung der Sprache auf die Summe der Einzelerscheinungen reduziert, was ihnen später als „Atomismus" vorgeworfen wird.

Neu in den Schriften der Junggrammatiker ist die Verknüpfung der historischen Darstellung mit der eingehenden Beschreibung des Neuhochdeutschen, was eigentlich die Begründung der Grammatik des Neuhochdeutschen im Rahmen der historischen deutschen Grammatik bedeutet.

Neu ist auch die Begründung einer empirisch-deskriptiven Satzlehre, die sich im Kampf mit der allen logischen Syntax entwickelt. Die philosophische Grundlage der Satzlehre der Junggrammatiker ist der Psychologismus. Sie suchen die Salzlehre auf der Erforschung seelischer Vorgange, der Gesetzmäßigkeiten des menschlichen Seelenlebens neu zu begründen. So stützt Paul bei der Definition des Satzes auf die psychologische Assoziationstheorie, indem er den Satz auf folgende Weise definiert: „Der Satz ist der fachliche Ausdruck, das Symbol dafür, daß die Verbindung mehrerer Vorstellungen oder Vorstellungsmassen in der Seele des Sprechenden sich vollzogen hat, und das Mittel dazu, die nämliche Verbindung der nämlichcn Vorstellungen in der Seele des Hörenden zu erzeugen".

Die junggrammatische Satzlehre bedeutete einen großen Fortschritt gegenüber der alten logischen Syntax. Wenn die Junggrammatiker auch die Termini des Psychologismus gebrauchten, so haben sie doch den kommunikativen Charakter des Satzes erkannt, sie entwickelten die kommunikative Theorie des Satzes, die heute in der Sprachwissenschaft erfolgreich weiter ausgebaut wird. Dank der empirischen deskriptiven Einstellung der Junggrammatiker und ihrer großen Sammelarbeit an Sprachdenkmälern aus verschiedenen Zeitaltern zeigten sie die Vielfalt und die Veränderlichkeit der Satzform und legten den Grundstock zur systematischen Erforschung der grammatischen Struktur des Satzes, seiner Gliederung, der Mittel der syntaktischen Verbindung der Wörter im Satz, der Stimmführung im Satz, der Gesetze der Wortstellung im Satz.

 




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Дата добавления: 2014-01-05; Просмотров: 1342; Нарушение авторских прав?; Мы поможем в написании вашей работы!


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