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Aspektreichtum und Feldstruktur der sprachlichen (grammatischen) Erscheinungen




Alle Kategorien der deutschen Grammatik besitzen vom Standpunkt ihrer Bedeutung und Funktion aus eine beträchtliche Anzahl von Aspekten (Seiten), die man alle bei der Analyse dieser Kategorien zu berücksichtigen hat. Es ist kein Zufall; dass gerade die grundlegenden Einheiten des Sprachbaus im allgemeinen und des deutschen Sprachbaus insbesondere (das Wort, der Satz) bis heute trotz der eifrigsten Bemühungen keine allgemein befriedigende Deutung und Definition gefunden haben.

Zum Teil ist diese Kompliziertheit der grammatischen Kategoien durch die Mannigfaltigkeit der Funktionen verursacht, die die Sprache überhaupt auszuführen hat, indem sie als Kommunikationsmittel dient, den Gedanken formt und dem Gefühlsleben des Menschen einen Ausdruck gibt. Aber in jeder Sprache erzeugt die geschichtliche Entwicklung besondere Abarten dieser Kompliziertheit. Zwei Momente sind hier vor allem wichtig, und beide sind im deutschen Sprachbau reichlich vertreten. Man bezeichnet: sie gewöhnlich als Homonymie und Synonymie, aber Umfang dieser Begriffe muss hier außerordentlich weit gefasst werden.

Auf dem Gebiete der Grammatik besteht die Homonymie im vollständigen lautlichen Zusammenfall einiger Morpheme. So spielt im Deutschen das Lautgebilde er die Rolle von 4 formbildenden Morphemen in der pronomi-Deklination (Nom. Mask. Sg., Gen, und Dat. Fern, Sg., Gen,Pl.aller Geschlechter, z. B. dies-er), die Rolle eines Formans in 4er Pluralbildurig des Substantivs (Wäld-er) und die des Komparativformans beim Adjektiv, (läng-er). Außerdem erscheint dieses Lautgebilde als ein selbständiges Wort (Nom. Sg. Mask. des persönlichen Pronomens). Sehr mannigfaltig sind die morphologischen Funktionen der Lautgebilde - e und, insbesondere, - en.

Aber viel wichtiger als der lautliche Zusammenfall verschiedener Hilfsmorpheme ist die Vereinigung von verschiedenen Inhalten in einer einheitlichen grammatischen Form. Es gibt verschiedene Stufen dieser grammatischen Synthese. So drückt z. B. das Morphem - st (in der Form kommst) gleichzeitig die Zahl (Singular) und die Person (die 2. Person) des Verbs aus. Doch wird das Bild noch komplizierter, wenn wir nicht. einzelne Morpheme, sondern größere grammatische Einheiten betrachten. In der verbalen Form kommst sind gleichzeitig folgende grarhmatische und lexikale Bedeutungsgehalte, Inhaltsbefunde gesammelt: 1) die Zugehörigkeit zur Kategorie des Verbs, und zwar zu folgenden verbaten Formen: die 2. Person, Singular, Präsens-, Indikativ, Aktiv, Intransitivität; 2) eine ganze Reihe von Bedeutungs- und Funktionsschattierungen (sowohl die eigentliche volle Bedeutung des Verbs kommen - Du kommst nach Hause als auch abgeblasste Bedeutungen, die sich gewissermaßen schon zum Teil der Bedeutung eines Hilfsverbs nähern — Du kommst gelaufen; Du kommst in Berührung mit.., 3) eine ganze Reihe von Fügungsgesetzmäßigkeiten, die zum Teil zu allgemeineren Fügungsregeln des Verbs gehören (die notwendige Verbindung mit dem Subjektnominativ, die für die intransitiven Verben charakteristische Unmöglichkeit der Verbindung mit dem Objektakkusativ), zum Teil besondere Fügungspotenzen des betreffenden Verbs bilden.

Eine solche ungeheuere Fülle von grammatischem und lexikalem Gehalt ist also in dieser einzelnen Wortform, in dieser Verbindung von zwei Morphemen enthalten. Und mehr oder weniger ist eine entsprechende Mannigfaltigkeit des Inhaltsbefundes für jede Wortform, jede Wortgruppe und jeden Satz bezeichnend.

Obgleich die Rede immer in der Zeit verläuft und in jedem gegebenen Augenblick nur irgendeine Redeeinheit, letzten Endes nur ein Morphem, ausgesprochen werden kann, ist der lexikale und grammatische Gehalt, der im gegebenen Augenblick von dem Sprechenden ausgedrückt und von dem Hörenden empfangen wird, in der Regel dennoch durchaus verschiedenartig und mannigfaltig. Ein ganzes Bündel von grammatischen Angaben, die eine lexikale Einheit überlagern, erreicht den Hörenden gewöhnlich gleichzeitig. Deswegen scheint es uns nicht angebracht, den linearen Charakter der Rede betonen, wie es F. de Saussure tut und nach ihm besonders einige Vertreter des Strukturalismus.Denn der Redestrom gibt es Raum für die gleichzeitige Übermittlung einer Menge von parallel verlaufenden lexikalen und grammatischen Inhalten und Beziehungen. Er ist nicht mit einem Faden, Sondern mit einer Telephonleitung zu vergleichen, die gleichzeitig mehrere Telephongespräche zu vermitteln imstande ist.

Jede der mannigfaltigen grammatischen Funktionen, Bedeutungen und Formeigenheiten, die einer beliebigen grammatischen Wortform im Deutschen eigen sind, bringt diese Wortform mit einer ganzen Reihe von grammatischen Erscheinungen in Verbindung, macht sie irgendeiner grammatischen Kategorie zugehörig, wobei aber diese Kategorien zuweilen die betreffende Form in verschiedene oder sogar entgegengesetzte Richtungen hinüberziehen, wodurch Widersprüche und Unklarheiten entstehen. Das spürt man oft bei der Einteilung der Wörter und Wortformen in Redeteile. So hat z. B. die Form schön im Satz Das Mädchen ist schön manches mit dem Adjektiv schöner, schöne, schönes gemeinsam. Sie bezeichnet die Eigenschaft einer Person oder, allgemeiner gesagt, überhaupt die Eigenschaft eines Dinges. In einigen erstarrten phraseologischen Wortfügungen treten analoge Formen als Adjektivattribute auf: gut Ding will Weile haben usw. Diese Form scheint also zum Adjektiv zu gehören, was auch in den meisten grammatischen Lehrbüchern behauptet wird. Aber anderseits fällt die Form schön im oben angeführten Satz, genau mit der Form schön im Satz Das Kind singt schön zusammen und wird mit dieser Form auch dadurch verbunden, dass sie beide, wenn auch auf ganz verschiedene Weise zum Prädikat gehören und in die prädikativ-verbale Gruppe miteinbezogen sind. „Diese Tatsachen geben einigen Sprachgelehrten Anlaß, die betreffende Form als ein Adverb zu betrachten“ (Hans Glinz). Beide Standpunkte haben Hand und Fuß, eben weil die Mannigfaltigkeit der grammatischen Aspekte, überhaupt die Vielseitigkeit der zu analysierenden Form, sie objektiv verschiedenen Wortarten verwandt macht.

Man muss daraus den Schluss ziehen, dass eine nur von einem Gesichtspunkt ausgehende Bestimmung und Klassifizierung der grammatischen Erscheinungen des deutschen Sprachbaus unmöglich ist.

Die Struktur der grammatischen Kategorien ist eine Feldstruktur. Jede von ihnen besitzt mehrere Merkmale, die nicht gleichmäßig unter den zu dieser Kategorie gehörenden Erscheinungen verteilt sind. Die verschiedenartigen Merkmale, die jede grammatische Kategorie besitzt, sind bei einigen Erscheinungen, die im Mittelpunkt der Kategorie stehen, komplett vorhanden, dagegen in anderen nur teilweise. Jene bilden den Mittelpunkt, diese die Peripherie des betreffenden Feldes, die übrigens asymmetrisch gelagert ist, d.h. eine ungleichmäßige Abnahme in verschiedenen Richtungen der in Frage kommenden Merkmale aufweist. Die Peripherien von zwei Feldern können teilweise zusammenfallen und gemeinsame Segmente bilden. So ist die oben erwähnte Kurzform des Adjektivs im Deutschen ein gemeinsames Segment von den Feldern des Adjektivs und des Adverbs.

Um das Wesen der grammatischen Kategorien im Deutschen objektiv zu erfassen, muss man sie also nach allen Aspekten betrachten, die ihnen eigen sind. Dabei kommen viele Übergangsformen zum Vorschein, was aber keineswegs zum Nachteil solcher aspektmäßigen Analyse gereicht, sondern im Wesen der grammatischen Erscheinungen selbst begründet ist. Es ist aber auch unbedingt notwendig, unter allen diesen mannigfaltigen Aspekten, die den grammatischen Kategorien eigen sind, die wichtigsten und dominierenden zu bestimmen, damit man die Kernglieder der Felder von ihren peripherischen Erscheinungen, klar und sicher unterscheide, was übrigens oft große Schwierigkeiten verursacht. Nicht nur die Mannigfaltigkeit der Inhaltsbefunde, die in einer und derselben grammatischen Form angehäuft sind, macht die grammatische Struktur der Sprache so kompliziert. Vieles trägt dazu auch die Synonymie der grammatischen Formen bei, d. h. der Gebrauch von verschiedenen grammatischen Mitteln in gleicher Funktion und gleicher oder wenigstens sehr ähnlicher Bedeutung. So werden z. B. in der Substantivgruppe der Genitiv, das Präpositionalattribut, die Zusammensetzung und in einigen Fällen auch das relative Adjektiv synonymisch verwendet: die Grenzen des Landes, die Grenzen von dem Lande, die Landesgrenzen und in älterer Sprache auch die ländlichen Grenzen.

Der Zusammenhang der grammatischen Synonymie mit der Bedeutungsstruktur der grammatischen Formen und die Grundfragen der grammatischen Synonymie überhaupt wurden anhand der Analyse des deutschen Verbalsystems von E. J. Schendels (Mногозначность и синонимия в грамматике) untersucht.

Die grammatische Synonymie ist oft mit einer stilistischen Differenzierung der synonymen Formen verbunden. So gehören z. B. die Partizipialkönstrüktionen mehr in den Bereich der schriftlichen Formen der Sprache, dagegen die den Partizipialkonstruktionen synonymen Nebensätze (und noch mehr die parallelen Formen der Parataxe) — in den Bereich der Umgangssprache.

 

3. Systemhaftigkeit der Sprache: die Sprache und die Rede

Das System der Sprache nennt Saussure in seinem Buch „ Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft“ „langue" (Sprache) im Unterschied zur „parole" (Rede); erst beide zusammen machen für ihn die „langage" (Sprechtätigkeit) aus. Man versteht unter die Sprechtätigkeit die allgemein menschliche Sprechfähigkeit, die nicht auf eine Einzelsprache beschränkt ist, unter die Sprache das soziale Systemgefüge der Einzelsprache und unter die Rede die Aktivierung des Sprachsystems durch das Individuum in der Sprachrealisation, d. h. im konkreten Gebrauch der Sprache, sei es beim Sprechen oder beim Schreiben. Fruchtbar geworden ist vor allem seine Scheidung der systemhaften Sprache von der aktualisierten Rede, durch die er das Soziale vom individuellen, das Wesentliche vom Zufälligen scheiden will. Deshalb ist die Existenz der Sprache eine notwendige Voraussetzung für die Rede: Wenn es dieses System nicht gäbe, könnten die Sprecher die Sprache nicht als Kommunikationsmittel benutzen. Umgekehrt kann die Sprache natürlich nur studiert werden auf der Basis aktueller Äußerungen (der Rede), aus denen das System deduziert wird.




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Дата добавления: 2014-01-05; Просмотров: 1749; Нарушение авторских прав?; Мы поможем в написании вашей работы!


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